Dorfgemeinschaftshaus mit Natur-Klimadecke saniert
Ein ortsprägendes Fachwerkhaus zu erhalten und es als Treffpunkt für das ganze Dorf zu nutzen: Dies ist im brandenburgischen Finowfurt, einem Ortsteil von Schorfheide, geglückt. Obwohl es nicht ganz einfach war, „Müllers Ruh“ zu retten. Ursprünglich diente das Gebäude den Gesellen der Mühle als Unterkunft, nach 1990 war dort der Sitz der Gemeindeverwaltung.
Das Haus stand nie leer, trotzdem hatte sich der Hausschwamm fest eingenistet. Entsprechend aufwendig war die Sanierung. „Finanziell war das für so eine 5000-Seelen-Gemeinde nicht zu stemmen“, sagt Manuela Mathäs, projektleitende Architektin der Spreeplan Projekt UG, die als Generalplaner für das Bauvorhaben fungiert. Das war nur mithilfe öffentlicher Fördermittel machbar.
900.000 Euro erhielt Schorfheide aus dem Leader-Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Aus dem Kreisentwicklungsbudget des Landkreises Barnim flossen 980.000 Euro. Weitere 300.000 Euro stammten aus Schlüsselzuweisungen des Landes Brandenburg. Doch mit diesem finanziellen Rückhalt gelang es, das anderthalbstöckige Gebäude mit einer Grundfläche von 200 Quadratmetern in ein Dorfgemeinschaftshaus zu verwandeln. Es bietet heute 410 Quadratmeter Nutzfläche auf zwei Etagen.
„Wir haben bei der Sanierung ausschließlich auf ökologische Materialien gesetzt“, so die Architektin, die auf Baubiologie und Bauschäden spezialisiert ist. Die Innenseiten der Außenwände sind mit diffusionsoffenen und kapillaraktiven Platten aus expandiertem, natürlichem Perlitgestein gedämmt. In Böden und Decken fungieren Schaumglas-Schotter und Blähglas-Granulat aus recyceltem Altglas als kapillarbrechende, feuchteresistente Dämmlage.
Das Herzstück bilden die Natur-Klimadecken aus Lehm von ArgillaTherm. Mit ihnen wurden 380 Quadratmeter der insgesamt 410 Quadratmeter Nutzfläche ausgestattet. In die HUMID-Module werden anschließend wasserführende Schlauchleitungen integriert. So lassen sich Räume von oben heizen und kühlen.
Eine separate Zwangslüftungsanlage ist nicht nötig – die Lüftung erfolgt frei. Das Lehm-/Tongemisch in den Modulen regelt die Luftfeuchtigkeit von alleine. Das Material wird bei der Herstellung unter enormem Druck trocken verpresst. Der Werkstoff kann so bis zu 1,7 Liter Wasser pro Quadratmeter aufnehmen ohne zu quellen. Ist die Luft im Inneren wieder weniger gesättigt, geben die Module diese Feuchte sukzessive wieder ab.
„Wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen, ist eine gute Temperierung und Feuchteregulierung besonders wichtig“, begründet Mathäs die Entscheidung für die ArgillaTherm Lehmmodule. Durch das Anheben des Holzdachs ist im Obergeschoss ein großer Saal entstanden, der sich über die ganze Fläche erstreckt. Gemeindeversammlungen, Trauungen, Seminare, Vorträge oder kulturelle Veranstaltungen finden dort statt.
Gerade die Saaldecke stellte bei der Planung der aktiven Heiz- bzw. Kühlflächen eine besondere Herausforderung dar. Das Problem: Die sichtbare Stahlrahmenkonstruktion, auf der das Dach lagert, unterbricht die Deckenfläche. Die so entstandenen einzelnen Deckenfelder wurden mit den notwendigen Heizkreisen jeweils einzeln am Heizkreisverteiler angebunden, was wiederum eine felderspezifische Regelung ermöglicht. Auf Grund der modular offenen Bauweise des Systems konnten alle Deckenfelder komplett aktiviert werden.
„Müllers Ruh“ ist durch die Sanierung zum Treffpunkt für das ganze Dorf geworden. Im Erdgeschoß finden sich Büros und Räume für den Ortsvorsteher, den Dorfchronisten, die Schiedsstelle und den Personalrat der Gemeinde. Sogar für eine kleine Bibliothek ist Platz.
Und auch die Mauersegler haben ihr Zuhause im Zuge der Sanierung nicht verloren. Am Gebäude wurden neue Nistkästen für insgesamt 96 Mauerseglerpaare angebracht. Auch sie wurden gut angenommen, auch wenn dazu ein bisschen getrickst werden musste. Es waren Vogelstimmen vom Band, mit denen es gelang, die Vögel nach dem Winter bei ihrer Rückkehr aus Afrika wieder zur „Müllers Ruh“ zu locken.